Dagegen! Wenn Führungskräfte Veränderungen abblocken

Widerstand macht jeden Change anstrengend. In unserer Serie „Inside Transformation“ geht es dieses Mal um eine besonders heikle Frage: Was tun, wenn Führungskräfte Ihr Projekt boykottieren?

Wenn Sie öfter Transformationen managen, haben Sie früher oder später dieses besondere Vergnügen: Führungskräfte erscheinen nicht zu wichtigen Meetings, reagieren spät oder gar nicht auf Anfragen oder reden hinter Ihrem Rücken schlecht über Ihr Projekt. 

Tröstlich ist, dass das in den besten Unternehmen vorkommt. Die genannten Verhaltensweisen sind eine Form von Widerstand und eine normale Reaktion. Auch wenn es sich im ersten Moment merkwürdig anhört: Widerstand ist an sich ein gutes Zeichen – dafür, dass sich gerade wirklich etwas im Unternehmen verändert.

Schulterzuckend hinnehmen sollten Sie die Querschüsse allerdings nicht. Zunächst einmal stellt sich die Frage:

 

Haben Sie Widerständen ausreichend vorgebeugt?

Zu den wesentlichen Change-Hausaufgaben gehören:

 

  • Die Transformations-Story ist auf den Punkt kommuniziert. Sie vermittelt die Dringlichkeit und die Chancen für die gesamte Organisation und für die Mitarbeitenden.

 

  • Die Sponsorinnen und Sponsoren haben vermittelt, dass das Thema Priorität hat, etwa in Townhalls und Führungskräfte-Meetings.

 

  • Sie haben die Führungskräfte früh in das Projekt einbezogen und Formate geschaffen, um Veränderungen in den einzelnen Funktionen, Abteilungen und Teams umzusetzen, z.B. in Form einer Workshop-Kaskade.

 

Wenn Sie diese Punkte abhaken können, dürfen Sie das Problem an anderer Stelle suchen – ganz genau: bei der Person, die Widerstand leistet. Es liegt dann sehr wahrscheinlich an der einzelnen Führungskraft. Oder an dem Kontext, in dem sie handelt.

 

Das heißt jedoch nicht, dass die Kollegin oder der Kollege „schuld“ ist und ins Gebet genommen gehört. Es verspricht mehr Erfolg, wenn Sie ein konstruktives Gespräch suchen, sich Zeit nehmen und zuhören, bis Sie verstehen, worin das eigentliche Problem besteht.

 

Was steckt hinter dem Widerstand von Führungskräften?

Häufig sind es sehr naheliegende Probleme:

Die Angst davor, Kontrolle und Autorität zu verlieren

Beispiel: Ein Unternehmen will IT-Dienste auslagern. Der langjährige IT-Bereichsleiter geht davon aus, dass Teile seiner Abteilung betroffen sind. Als Gegner des Outsourcings fürchtet er, dass Prozesse nicht mehr so glatt laufen, dass die fähigsten Mitarbeitenden das Weite suchen und dass seine Führungsposition an Bedeutung verliert.

 

Ganz banaler Stress und Zeitmangel

Beispiel: Die HR-Chefin soll mit ihrem Team ein neues Personalinformationssystem einführen. Parallel zum laufenden Betrieb sind aber schon zwei weitere Projekte zu managen. Die Leiterin fühlt sich überlastet, konnte sich damit aber kein Gehör verschaffen.  

 

Zufriedenheit mit dem Status quo

Beispiel: Im Kundenservice soll ein neues digitales Kommunikationstool persönliche Absprachen reduzieren und somit Zeit sparen. Die Abteilungsleiterin bezweifelt, dass diese Rechnung aufgeht: In ihren Augen schwächt das Tool die Teamdynamik und geht auf Kosten der Servicequalität.

 

Keine konkrete Antwort auf die Frage: „Was habe ich davon?”

Beispiel: Ein Vertriebsleiter sieht keinen Nutzen eines neuen Reporting-Tools für sein eigenes Team. Dahinter verbirgt sich auch die Befürchtung: Leistung wird transparent und vergleichbar – könnte das dem eigenen Team sogar schaden?

 

Misstrauen aufgrund der Vorgeschichte des Unternehmens

Beispiel: Vor ein paar Jahren ist bereits ein großes Change-Projekt gescheitert. Der Produktionschef hält daher auch das aktuelle Vorhaben für reine Geld- und Zeitverschwendung.

 

Wie lassen sich die Widerstände überwinden?

Wenn Sie die Gründe kennen, können Sie gegensteuern. Als Transformation Manager werden Sie alleine jedoch wenig bewegen und brauchen die Rückendeckung des Top-Managements. Setzen Sie sich am besten mit dem Projektsponsor oder der Projektsponsorin zusammen und überlegen Sie, welche Maßnahmen die unkooperative Führungskraft umstimmen könnten, etwa:

Sicherheit vermitteln

Oft steht hinter der offen geäußerten Sorge ums Team auch die Sorge um die eigene Zukunft. Als Transformation Manager können Sie mit dem Management auf die Führungskraft zugehen und so konkret wie möglich erläutern, wie deren künftige Rolle aussehen wird – und dabei auf Wünsche des Gegenübers eingehen.

 

Manchmal fehlt der Glaube an Verbesserungen, weil frühere Transformationen gescheitert sind. Dann können Sie die Ursachen für diese Misserfolge darlegen. Zeigen Sie auf, inwiefern das Unternehmen aus diesen Fehlern gelernt hat und wie Sie diese bei der aktuellen Transformation vermeiden werden.

 

Barrieren abbauen

Ist die Führungskraft überlastet, bieten Sie unterstützende Ressourcen an. Ist sie inhaltlich überfordert, bringen Sie ein Training oder Coaching ins Spiel.

 

Zum Beispiel könnte der Sponsor oder die Sponsorin gemeinsam mit der Führungskraft herausfinden, wie weit diese die Veränderung psychologisch mitgegangen ist: An welchem Punkt der Change-Kurve (siehe Abbildung) befindet sie sich? Das Coaching stützt sich dann auf einen bewährten Fragenkatalog, der zum jeweiligen Stadium passt. In der Widerstandsphase wären das etwa Fragen wie diese: Was kann die Führungskraft persönlich steuern (z.B. Einstellungen, Gedanken, Gefühle, Verhaltensweisen)? Welche Schritte kann sie unternehmen, um mit der Veränderung umzugehen? etc.

Den individuellen Nutzen aufzeigen

Es kann nötig sein, Ihre Change Story noch detaillierter auszuarbeiten und genauer darzulegen, wie einzelne Bereiche davon profitieren.

Auch hier sollte die verantwortliche Person aus dem Top-Management das Gespräch suchen:

 

  • Was würden die Führungskraft gerne aus der Veränderung mitnehmen? Was sind ihre langfristigen Ziele?
  • Welche Chancen bietet die neue Situation?
  • Welche Meilensteine kann die Führungskraft festlegen, um ihre Fortschritte nachzuvollziehen?

 

Führungskräfte reagieren auf Veränderungen schlussendlich genauso wie die meisten anderen Menschen: Die überwiegende Mehrheit liebt den Status quo. Widerstand gegen Veränderung ist menschlich – und damit auch gut vorhersehbar.

 

Mit einer sorgfältigen Stakeholder-Analyse können wir prophylaktisch handeln. Wir können antizipieren, wer zu den „schwierigen“ Stakeholdern gehört, auf sie zugehen und sie im besten Fall sogar zu Verbündeten machen.

 

Wie wir Schritt für Schritt vorgehen, damit das Transformation Management zum Erfolg wird, erfahren Sie hier.

2023-10-05, grosse-hornke

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